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Semjon's Reviews > Tante Lisbeth

Tante Lisbeth by Honoré de Balzac
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it was ok

Ich würde gerne Balzac mögen, denn ich kann durchaus seine Bedeutung für die Literaturgeschichte erkennen. Sein unbändiger Drang, dem Mensch und der Gesellschaft den Spiegel vorzuhalten, ist beachtlich. In den beiden bislang von mir gelesenen Werken Eugenie Grandet und Tante Lisbeth ist die Darstellung der Realität im Frankreich der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wahrscheinlich so treffend und schonungslos überspitzt, dass es fast schon unwirklich wirkt. Der Vater Grandet ist nicht nur geizig, er ist krankhaft aufs Geld fixiert. Die Männerfiguren in Tante Lisbeth sind nicht verlogen, sie sind pathologisch selbstverliebt und schwanzgesteuert.

Und damit ist mein Problem schon angesprochen. Mir ist die Handlung einfach zu überdreht bei Tante Lisbeth, so dass es wirkt wie eine Mischung aus Big Brother und billiger Soap Opera. Ich hätte gerne, dass Balzac für mich wie arte schauen wäre und nicht wie RTL 2. Vielleicht gehe ich mit falschen Erwartungen an seine Romane, aber ich finde, dass die Geschichten sich als Bühnenstücke besser eigenen würden. Sie enthalten alles, was ein Drama benötigt.

Womöglich ist die Handlung in Paris zwischen Dirnen, Kurtisanen, Aristokraten und hinterhältigen, alten Jungfern auch nicht das, was mich fesselt. Das war bereits bei Zolas Nana so. Aber die Tatsache, dass hässliche, alte Männer, teilweise auf die 80 zugehend, ihre sexuelle Anziehungsfähigkeit so hoch einschätzen, dass es sie nach jeder Ertappung sofort wieder so einem unbescholtenen Fräulein hinzieht und die Ehefrau dies so gar noch zum x-ten mal entschuldigt, lässt mich kopfschüttelnd zurück. Aus heutiger Sicht wirkt das alles klischeehaft und überzeichnet.

Balzac bleibt trotzdem in meinem Fokus, denn womöglich bin ich einfach noch nicht reif genug, seine Genialität zu erkennen, die alle schriftstellerischen Größen der letzten 150 Jahre so stark hervorheben.
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Reading Progress

September 22, 2019 – Shelved
December 13, 2020 – Started Reading
December 18, 2020 –
page 84
15.61% "Die Baronesse beklagt sich bei ihrem Mann, dass wenn er schon unbedingt eine Geliebte haben muss, warum dann ausgerechnet eine so teure. Es wäre doch von ihrer aller Vorteil, wenn er eine billigere aus den unteren Ständen nehme würde. Und der Baron lobt seine „vortreffliche Frau�, bezeichnet sie als Engel, den er alter Narr nicht verdient hätte.

Die spinnen, die Franzosen, würde Obelix sagen."
December 20, 2020 –
page 220
40.89% "Es gibt wirklich keine einzige Seele in Balzacs Paris, die nicht entweder habgierig, rachesüchtig, verlogen oder strunzdumm ist. Das ist alles un peu trop pour moi. Aber wahrscheinlich war die Pariser Gesellschaft Mitte des 19. Jahrhunderts wirklich so verkommen wie beschrieben."
December 23, 2020 –
page 304
56.51%
December 25, 2020 –
page 464
86.25% "Und wenn man denkt, dass die alten, dicken Männer mit ihrer über siebzigjährigen Lebenserfahrung doch eigentlich nun wissen möchten, dass die jungen, leichtlebigen Frauen im Alter ihrer Enkelkinder sie bestimmt nicht wegen ihres Äußeren empfangen, dann liegt man gehörig falsch.

Das Buch liest sich nun besser. Wahrscheinlich ist ein Gewohnheitseffekt bei mir eingetreten, und ich rege mich nicht mehr so sehr auf."
December 26, 2020 – Finished Reading

Comments Showing 1-3 of 3 (3 new)

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message 1: by Michael (new)

Michael Ich bin da ganz bei Dir!


message 2: by Peter (new)

Peter Dein Eindruck, Semjon, deckt sich weitgehend mit meiner Balzac Lektüre. Allerdings weißlich nicht, ob ich das Warten auf meine Genialität mit Balzac verbringen möchte. Da ich vermute, dass das eine sehr lange Zeit wird zieh ich etwas unterhaltsameres oder zumindest Vielseitigeres vor 😉


Semjon Interessant, dass ihr die Meinung teilt, Michael und Peter. Aber ich bleibe dabei: noch habe ich Balzac nicht abgehakt. Das gekaufte, über 10.000 Seiten starke eBook seiner Gesammelte Werke von Balzac: Romane, Erzählungen & Essays... muss sich ja noch irgendwie lohnen.


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